Dolmen, vermutlich Grabkammern aus vorkeltischer Kultur

 

 

Lange fürht der Weg durch diesen Eichenwald

 

 

 

Marie-Therese, Yael und Marie-Andrée (von links)

 

 

 

27. Tag, 29. April 2006

GRÈALOU - LIMOGNE-EN-QUERCY

28 km

Leider liess ich meinen Wanderstab, an den ich mich schon so sehr gewöhnt hatte, im „Volets Bleu“ liegen. Erst nach einer halben Stunde bemerkte ich diesen Verlust. Nochmals zurückgehen hätte anderthalb Stunden länger marschieren bedeutet. Das ist viel, wenn man noch eine lange Etappe vor sich hat. So liess ich es bleiben. Vielleicht findet ein anderer seine Freude an meinem Stock.

Der Weg war wiederum extrem schön. Es ist herrlich so durch dieses Franzosenland zu wandern. Besonders waren die Dolmen, das sind zwei grosse Steine mit einem weiteren quer darüber. Die Gegend, durch die ich wanderte, heisst Quercy. Die Flüsse Lot und Céle fliessen hier durch. Die Hügel heissen auch nicht mehr „puy“, sondern „pech“, und einzeln stehende Höfe nennt man hier „mas“. Ich wunderte mich, wo wohl alle diese Franzosen geblieben waren. Ich traf keinen einzigen Menschen an, bis ich am späteren Nachmittag in der Gîte Communal von Limogne ankam.

Mit drei sehr netten Frauen teilte ich ein Zimmer. Zuerst dachte ich, mein Gott was soll das denn werden! Die eine, Marie Andrée, belegte nämlich den sehr knappen Platz mit all Ihren Sachen. Sie entschuldigte sich und meinte, dass sie wohl zu viel Gepäck mitgenommen hätte. Einen Rucksack der sicher vier Kilo schwerer war als meiner und dazu eine grosse Reisetasche. Sie lasse sich das Gepäck mit Transbagage transportieren. Als sie sah, wie wenig ich dabei hatte, überlegte sie sich ernsthaft einen Teil nach Hause zu schicken.

Die Gîte war voll belegt. Ich sah kein einziges bekanntes Gesicht. Alle anderen gingen auswärts essen, nur wir vier Frauen blieben in der Gîte und teilten alles, was wir an Esswaren hatten. So verbrachten wir zusammen einen gemütlichen Abend. Später, als wir alle im Bett lagen, erzählte Marie-Therese, dass ihr Mann vor 14 Monaten gestorben sei. „Und ich habe überhaupt niemanden mehr“, sagte Marie-Andrée. Keinen Mann, keine Kinder, „je suis tout seul“. So hat jeder und jede seine Geschichte und seinen Grund, diese Reise zu machen.

Um Mitternacht ist eine Gruppe Verrückter mit Autos angekommen und hat im Zimmer nebenan Lärm gemacht, als wären sie alleine auf der Welt. Die ärgerten uns und wir klopften gegen die Wand und schimpften. Am morgen um sechs Uhr brausten sie wieder mit lautem Krach davon. Wie man uns sagte, würden diese Autotouristen langsam zum Problem, weil sie den echten Pilgern die Schlafplätze streitig machten. Man hätte keine Kontrolle, wenn jemand spät eintreffe, weil die Gîte Communales von Freiwilligen geführt würden, die nur vor Ort sind um die Leute zu registrieren und dann wieder gehen.

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