Meandrierendes Flüsschen

 

Steinige Hochebene

 

So wechseln sich auf dem Jakobsweg wildromantische Gegenden ab

 

 

19. Tag, 21. April 2006

LES ESTRETS - FINIEYROLS

22.5 km + ca. 8 km Irrweg

Ich liebe es am Morgen durch die Natur zu wandern, so wie das heute der Fall war. Die Vögel sangen, der Wind wehte, sodass die Wälder und die vielen kleinen Bächlein am Wege rauschten. Welch schönes Leben! Kein Stress, keine Sorgen, nur immer weiter gehen zu dürfen. Mir geht es wirklich sehr gut.

Es ergab sich, dass André, Roger und ich zusammen, das heisst meistens hintereinander, gingen. Und prompt waren wir der falschen Wegmarkierung gefolgt. Wir beschlossen bis Aumont-Aubrac ein Auto anzuhalten, da wir einen ziemlich weiten Umweg gemacht hatten. Aber niemand wollte uns mitnehmen. Die zwei hatten die Hoffnung schon aufgegeben und machten sich wieder auf den Weg. Ich probierte es weiter mit stöppeln. Endlich, ein älterer Herr, der auf den Markt wollte, hielt an. Ich fragte ihn, ob er die zwei Pilger da vorne auch mitnehmen könnte. Er war nicht sehr begeistert, nahm aber André und Roger auch mit.

Mit diesem Franzosen amüsierten wir uns köstlich. Er sprach einen Akzent, den wohl nur noch die älteren Menschen sprechen, so mit einem ausgeprägten rollenden R. Fast ein bisschen ähnlich wie bei uns das Francais Federal. Ich gab ihm ein paar Euro für ein Bier, Roger sogar einen Zehneuroschein. So hatte sich seine Menschenliebe doch noch gelohnt und wir verloren nicht mehr allzu viel Zeit. Es lag ja noch ein weiter Weg vor uns.

Ausgerechnet als ich wieder alleine unterwegs auf der Hochebene des Aubrac war, schlug das Wetter um und es wurde richtig kalt. Die Gegend kam mir sehr unwirklich vor. Ich dachte es sei ein bisschen wie auf dem Sankt Gotthard. Ich war sehr froh endlich in der Gîte „Les Gentianes“ anzukommen. Weil mir so kalt war und ich so müde war, fragte ich nach einem Einzelzimmer, das ich auch bekam. Das kostete mich nur vier Euro mehr. Jetzt hatte ich ein schönes, Zimmer mit einer herrlich warmen Decke.

Meine „Brüder“ hatten dasselbe gemacht wie ich. Es ist schon interessant, wie oft wir am selben Ort reservieren, ohne uns abzusprechen. Die meisten Leute, die ich gestern kennengelernt hatte, waren auch wieder hier. Ein paar von ihnen hatten sich zu viel zugemutet und waren ziemlich kaputt. Mit zwei älteren Frauen aus Konstanz konnte ich wieder einmal ein paar Worte Deutsch sprechen. Auch Sie wollten den ganzen Weg zusammen bis nach Compostela gehen. Sie hätten Zeit und würden es gemütlich angehen, um sich die vielen Sehenswürdigkeiten entlang des Weges anschauen zu können.

Später, wieder aufgewärmt und frisch geduscht, konnte ich die Kartoffel-Käse-Spezialität „Aligot“ geniessen. Das ist etwas Ähnliches wie unser Raclette.